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Nach dem von Solon im 6. Jahrhundert. v. Chr. eingeführten Steuerklassensystem, das sich am Ertrag des Grundbesitzes orientierte, lassen sich Töpfer als Vollbürger Athens der Steuerklasse der Theten (der Tagelöhner) oder besser noch den Zeugiten (der Kleinverdiener) zuordnen. Zu ihrer Zunft kommen noch die nicht eingebürgerten Metoiken und Sklaven. Zeugnis davon legen selbst ihre Namen ab, die in den Quellen auftauchen: Nikias, Sohn des Ermokles (Patronymikon, d. h. der Name des Vaters) aus Anaflystos, Ksenofantos der Athener, Teisias der Athener oder Sikelos, Lydos, Skythes usw.
Zu dieser Zeit lässt sich eine zunehmende Handelstätigkeit beobachten, welche einerseits Horizonte für Händler erweitert, andererseits Aufträge für Keramiker vermehrt. Dabei spielt jetzt das Geld eine beachtliche Rolle, so dass auch Einwohner ohne Grundbesitz zu Reichtum gelangen können. Diese Entwicklung wurde unter anderem durch die geringen Steuerpflichten bedingt, der sich Metoiken als Nicht - Vollbürger erfreuten, und brachte Keramiker zu raschen Reichtum. Mit dieser ökonomischen Euphorie geht im 6. Jahrhundert v. Chr. eine zunehmende Qualität antiker Gefäße einher, die auf die große Nachfrage zurückzuführen ist.
Am Ende des 6. Jahrhunderts. v. Chr. erreichen die Keramiker eine höhere soziale Stellung, bedingt vorwiegend von der Prosperität, die sie zu dieser Zeit erleben. Dies lässt sich zunächst von den Preissteigerungen der Feinkeramikwaren erschließen, die kaum zu übersehen sind. Zu diesem Thema stehen uns heute einige Informationen zur Verfügung. Sie kommen meistens aus den sogenannten merkantilen Inschriften, denen wir auf den Gefäßen, und zwar auf den dem Einkäufer unsehbaren Unterseiten, begegnen. So kostete ein weißgründiger attischer Bellkrater sehr guter Qualität des ausgehenden 5. Jh. v. Chr. mit einer Höhe von 31,5 cm vier Obolen, während eine derselben Zeit attische weißgründige Pelike 37 cm hoch eine Drachme und ein Obol, d. h. sieben Obole, wert war. Auch wenn Gebrauchskeramik nicht mehr als wenige Obolen gekostet haben kann, dürfen wir uns wohl vorstellen, dass ein normaler athenischer Haushalt für schmuckloses Alltagsgeschirr doch mehrere Obolen in der Hand des Kerameus drücken müsste. Dass es sich dabei um kaum zu unterschätzende Geldsummen handelt, lässt sich vom Tageslohn eines Steinmetzes zur selben Zeit (im späteren 5. Jh. v. Chr.) bei den Bauarbeiten auf der Akropolis erschließen: Er betrug eine Drachme! Die Verkaufspreise bemalter edler Keramik im Zusammenhang mit einer großen Nachfrage erlaubten den Keramiken, schnell reich zu werden und ein nach antiken Standards erwünschtes Lebensniveau zu erreichen, wenigstens in Attika, wo mit Sicherheit die größte und beste Produktion an Feinkeramik betrieben wurde. Hier ist anzumerken, dass der größte Teil der Feinkeramik für den Export bestimmt war.
Indizien des ökonomischen
Aufschwungs, den die Töpfer zu
dieser Zeit erlebten, liefern uns
auch ihre auf der Akropolis aufgestellten Weihgeschenke. In Verbindung
mit den Preisen der
Feinkeramik ist es also nicht verwunderlich, dass die zu dieser Zeit in
Athen weilenden
Töpfer wie Nearchos, Euphronios, Mnesiades,
Andokides zu solch einem Wohlstand
gelangten, dass sie imstande waren, der Göttin Athene, der
Beschützerin der Handwerker,
kostspielige auf der Akropolis aufgestellte Votive als Zehnten
(δεκáτην)
für ihre Gewinne zu
weihen. Diese Zehnten waren als Dankgabe für das von der
Göttin verliehene Geschick zu
verstehen, das es dem Töpfer ermöglicht hatte, zu
großen Gewinnen zu kommen. Meistens sind
uns die Basis- oder Pfeilerinschriften, die den Töpfer nennen,
erhalten und nicht das
Weihgeschenk selbst. Einen vollständigen Text liefert uns
heute die Basisinschrift des von
einem Töpfer namens Peikon dargebrachten Weihgeschenkes, der
sich selbst in der Inschrift
als Kerameus vorstellt:
Πεíκον
εχσá
|
μενος
κερα |
μες
δεκáτην
| νéθεκεν|
τθεναíαι
(betend hat Peikon, der Töpfer, den Zehnen der Athene
geweiht).
Unter den Weihgaben von Töpfern auf der Akropolis fällt vor allem das Weihgeschenk des Töpfers Nearchos auf, das eine Statue des berühmten Bildhauers Antenor war, wie uns die Basisinschrift bekannt macht. Es ist hier berechtigt zu unterstreichen, dass solch ein Weihgeschenk im Auftrag eines großen Bildhauers, wie Antenor, seinem Stifter, hier dem Töpfer Nearchos, einen hoch angesehenen Status ermöglichte, vergleichbar jenem des Vollbürgers. Es fand eine Angleichung der sozialen Geltung des Töpfers mit derjenigen Geltung vornehmer Bürger statt. Große Weihgaben waren nicht mehr der Oberschicht vorbehalten.
Für diesen Aufstieg lässt sich noch ein weiterer Beleg anschließen. Die Rede ist von Vasendarstellungen, in denen die Namen bekannter Töpfer zu gemalten Figuren aufgeschrieben wurden, die sich in Palästren, in Symposia oder beim Musikunterricht abbilden ließen. Hier ist vor allem auf den Namen des Euthymides auf einer attischen weißgründigen Hydria (heute in der Staatlicher Antikensammlung in München) und den Namen des Smikros auf einem attischen weißgründigen Stamnos, den Smikros selber, möglicherweise als Selbstdarstellung, gemalt hat (heute in Musées Royaux d’ Art et d’ Histoire in Brüssel) hinzuweisen. Ob sie die Realität widerspiegeln und uns in der Tat Selbstdarstellungen der Töpfer vor Augen führen oder nur ideale Darstellungen einer erwünschten Lebensqualität abbilden, bleibt offen. Eines ist jedoch mit Sicherheit in den Bildern herauszulesen, nämlich dass am Ende des 6. Jahrhunderts. v. Chr. die Töpferkunst und damit ihre Hauptakteure, Töpfer und Maler, eine Euphorie in ihrem Beruf erleben, die sie mit allen Mitteln zum Wort bringen: Ihren Signaturen, ihren prachtvollen Weihgeschenke und ihre qualitativ hochwertigen Produkte legen Zeugnis davon ab. Die Ergebnisse ihres Arbeitseifers und ihres Wettkampfes um die schönsten Keramiken dürfen wir heute in den Museen als Meisterwerke bewundern.