ARCHÄOLOGIE
TEIL 4

VON 8
Griechische Töpferkunst (4): Gefäßformen - Verwendung und Bedeutung
Einleitung | Herstellung | Der Brand | Gefäßformen
Im Haushalt | Verzierungstechniken | Die Keramiker | Weihegeschenk

Gefäßformen

Eine beträchtliche Vielfalt von Gefäßformen sorgte in der Antike dafür, die Bedürfnisse des Alltages abzudecken. Nun gilt hier unsere Aufmerksamkeit der bemalten Keramik und ihrem ambivalenten Charakter, nämlich dem künstlerischen wie auch dem praktischen. Zweckform war kaum von Kunstform zu unterscheiden: Die Formen waren funktional aufgebaut, aber es ging dem antiken Menschen (sowohl dem Töpfer als auch dem Einkäufer) nebenbei auch um ihren künstlerischen Wert. Ob Feinkeramik wegen ihrer Kostbarkeit nur zur Schaustellung diente und folgerichtig ihr kein Gebrauchszweck zukam, lässt sich nicht aussagen. Benutzungsspuren sprechen wohl dagegen. Außerdem ist unter den bemalten Exemplaren mit Sicherheit eine Abstufung der keramischen Qualität zu beobachten. Es wurden selbstverständlich nicht nur edle, feine Produkte gefertigt, sondern auch sehr oberflächliche Massenware. Diese Abstufung belegt einerseits die verschiedenen Ansprüche der antiken Einkäufer, denen der Töpfer entgegenzukommen versuchte, andererseits auch die unterschiedliche künstlerische Begabung des jeweiligen Töpfers. Neben dem Kunstcharakter haben die Gefäße in der Antike auch einen anthropozentrischen Charakter. Dieser lässt sich in der Benennung der verschiedenen Teile der Gefäße, wie χεῖλος (Mündung), κοιλíα (Bauch), ὦμος (Arm) und ποúς (Fuß) erschließen. Der Töpfer stellt sich seine Schöpfung, das Gefäß, als einen Menschen vor. Somit zeigen sich Keramikwaren den plastischen Schöpfungen von Menschenfiguren vergleichbar.

Bild 9
Abb 1: Schwarzfiguriger Psykter
 (525 - 500  v. Chr.)

Es kann wohl der Fall sein, dass eine bestimmte Gefäßform eher den Werkstätten einer bestimmten Landschaft zuzuschreiben ist, wie z. B. die Lakaina (Trinkgefäß) in Lakonien oder der Psykter (Kühlgefäß) (Abb. 1) in Attika. Doch dürfen wir allgemein feststellen, dass trotz der großen Anzahl antiker Töpfereien im griechischen Raum und der morphologischen Entwicklung einzelner Gefäßtypen ein allgemein „Kanon“ bezüglich der Gefäßformen zu beobachten ist, dem die antiken Töpfer folgten. Nicht nur antike Quellen berichten über die Benennung und Verwendung der Gefäße in der Antike. Selbst Aufschriften auf den Vasen tragen erheblich dazu bei. Ein sehr aufschlussreiches Material sind zudem nicht nur Darstellung auf den Vasen, sondern auch auf anderen antiken Gattungen, wie z. B. Weih- und Grabreliefs. Von diesem reichen Belegmaterial lassen sich zwei Punkte herausstellen: Erstens stehen Gefäßnamen in enger Verbindung mit ihrem einstigen Gebrauchszweck. Zweitens bilden Vasenformen und Bildschmuck eine untrennbare Einheit.
Um diese Themen am besten zu veranschaulichen, gehen wir an dieser Stelle auf einzelne Beispiele ein: Der am meisten dem heutigen Museumsbesucher bekannte Gefäßtypus ist die Amphora. Die Bezeichnung Amphora bedeutet „der beidseitig tragbare (αμφí + φéρο) Krug“ und deutet auf ihre zwei Henkel als Hauptmerkmal hin. Nach den antiken Quellen dienten Amphoren zur Aufbewahrung von Flüssigkeit (Wein, Öl, Milch, Wasser und Honig) und Speisen (Getreide, Früchte, Nüsse und eingesalzene Fische). Für Flüssigkeiten waren eher die Spitzamphoren geeignet: Ihr enger Hals lässt sich leicht und fest verschließen. Für feste Konsistenzen waren dagegen Amphoren mit breitem Mund und Deckel geeignet. Die Pelike war ein Vorratsgefäß mit breitem, standfestem Fuß zur Aufbewahrung von kostbaren Salbölen. Ihr richtiger antiker Name war Stamnos oder Stamnion. Zu den Vorratsgefäßen gehören auch große bauchige Töpfe und Fäße, die sogenannten Pithoi. 

Morgen bei aphilia: Gefäße im Haushalt