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Dem heutigen Betrachter fällt beim Besuch einer antiken
Vasensammlung sofort auf, dass
der antike Kerameus sowohl über handwerkliche als auch
künstlerische Begabung verfügte.
Aber nach einigen Minuten von Erstaunen und Bewunderung kommt die
entscheidende
Frage: Wie haben die Griechen diese Vasen hergestellt? Wie war es
bloß möglich, in jener
Zeit solch eine handwerkliche Qualität zu erreichen? Die sind
die am häufigsten gestellten
Fragen während einer Museumsführung.
Damit kommen wir zum Thema Herstellungstechnik. Die literarischen
Quellen zum
Thema sind leider recht wortkarg. Dies liegt nicht zuletzt an der
sozialen Stellung des antiken
Töpfers (siehe Kurs Nr. 6: ZUR SOZIALEN STELLUNG DES
KERAMIKERS). Sowohl
das Töpferhandwerk, als auch sein Hauptakteur, der
Töpfer, fanden in der antiken
Gesellschaft, ein nicht so großes Gegeninteresse bzw. eine
nicht so große Achtung, wie man
heute gemeinhin annimmt. Für die Athener waren handwerkliche
Tätigkeiten kaum
verlockend. Dagegen werfen archäologische Zeugnisse mehr Licht
zur Herstellungstechnik:
Zu erwähnen sind einerseits die Darstellung von
Töpfereien und Töpfern auf Vasen
andererseits die Reste antiker Töpferöfen und
Töpferscheiben. Die ältesten archäologischen
Belege zu diesem Thema stammen aus den Weihgaben korinthischer
Töpfer in der ersten
Hälfte des 6. Jahrhunderts v. Chr.: Es handelt sich um
Tontäfelchen mit Darstellungen von
Töpferwerkstätten. Zur Entschlüsselung der
Arbeitsprozesse wird dabei auch das heutige
Wissen der Töpferkunst einbezogen.
Als wichtigste Komponente der Töpferkunst zeigt sich die
Qualität des Tons. Sie ist
entscheidend für die Qualität des
Gefäßes und wirkt sich auch auf die
Verarbeitungsmöglichkeiten aus: Je gröber der Ton,
desto höher das Risiko, dass dem Töpfer
das Arbeitsergebnis sowohl an der Töpferscheibe als auch beim
Brand misslingt. Außerdem
benötigen Gefäße mit sehr dünnen
Seiten
(ωοκέλυφα
nennen sie die
griechischen
Archäologinnen und Archäologen) eine sehr feine
Tonqualität. Unter „guter Qualität des
Tons“ sind seine Feinheit und seine Plastizität zu
verstehen.
So beginnt der ganze keramische Arbeitsprozess mit dem Abbauen des
Tons.
Ursprünglich gehörte das Abbauen bzw. Stechen des
Tons zu den Aufgaben des Töpfers.
Allerdings nahmen in den späteren Zeiten wegen der
großen Spezialisierung des keramischen
Gewerbes eigene Tonstecher die Gewinnung und Aufbereitung des Tons vor.
Der Ton wurde
in äußerst großer Tiefe mit Hacken
– das Werkzeug ist uns bildlich dank einer Darstellung auf
einem korinthischen Tontäfelchen belegt – abgebaut.
Der gewonnene Ton enthält viele
Fremdkörper wie große oder kleine Steine, Wurzeln
und grobe Partikel, von denen er befreit
werden muss. Dies erfolgt durch das
„Schlämmen“ des Tons. Damit kommen wir zur
nächsten
Station des Prozesses: In großen Anlagen werden die Tonmassen
unter Wasser gesetzt, so
dass die schweren Teile zu Boden sinken und die leichteren in die
Oberfläche kommen. Den
feinen in der Mitte stehenden Tonschlamm lässt man in ein
großes Becken abfließen. Nach
Verdunstung des Wassers wird der halbfeuchte Ton für eine
längere Zeit zu Gunsten seiner
Bildsamkeit in einem feuchten Ort abgelagert, um zu
„altern“. Je älter der Ton, umso
bildsamer wird er. Schließlich kommen wir zum letzten Stadium
vor der Verarbeitung des
Tons an der Töpferscheibe, nämlich zum Kneten des
Tons und zwar mit den Füßen, wie es
heute noch in ländlichen Töpfereien praktiziert wird.
Dadurch wird der Ton deutlich
geschmeidiger.
Der attische Ton hebt sich von den anderen im antiken Griechenland
vorhandenen
Tonarten deutlich durch seine an Eisenoxyden reiche Beschaffenheit ab,
die ihm eine
besonders glänzende rötliche Farbe verleiht, wahrend
der korinthische Ton (Abb. 1) eher eine
helle, gelblich-grüne Farbe aufweist. In diesem Sinne
dürfen heute Archäologinnen und
Archäologen noch ein praktisches Indiz in Anspruch nehmen,
wenn in einer Ausgrabung die
Frage nach der Herkunft eines Gefäßes oder sogar
einer Scherbe kommt. Neben Formgebung
und Bemalung ist auch das Aussehen des Tons von Bedeutung. Solche
Kleinigkeiten gehören
zu Geheimnissen des Berufes und erweisen sich für das
Fachpublikum nicht selten als letzte
Rettung.
Durch Treten und Kneten gelang es dem Töpfer, den Ton
für die auf der Töpferscheibe zu
drehenden Gefäßen bildsam zu machen. Die
Töpferscheibe ist seit der 3. Jahrtausend im
griechischen Raum bekannt, doch bis in die archaische Zeit wurden in
manchen Orten
Griechenlands handgeformte Keramikwaren produziert, indem man Tonringe
übereinander
stellte und zusammenformte. Die Erfindung der Scheibe erleichterte
einerseits beträchtlich
das Handwerk des Töpfers, da ein Gefäß nun
äußerst schnell getöpfert werden konnte.
Andererseits verbesserte die Scheibe die Qualität seiner
Produkte, da die Gefäße, im
Vergleich zu jenen mit freier Hand geformten, deutlich
ebenmäßiger wurden.
Töpferscheiben waren aus Holz, Stein oder gebranntem Ton. Die
ganze Konstruktion
bestand aus zwei Teilen: Scheibe und Untergestell. Man hielt die
Scheibe mit der Hand in
Schwung. An ihrer Unterseite saß in der Mitte ein innen
ausgehöhlter Führungszylinder.
Dieser nahm die im Boden gefestigte Achse auf. Bei hoher Lagerung der
Scheibe saß die
Spurpfanne direkt unter der Scheibe; bei tiefer Lagerung war die Achse
mit der Scheibe fest
verbunden und drehte sich in der im Boden befindlichen Spurpfanne. Beim
Drehen kleiner
Gefäße brachte der Töpfer selber die
Scheibe in Schwung. Dagegen war er bei Drehen
größerer Gefäße auf die Hilfe
einer zweiten Person angewiesen. Weist die Scheibe seitlich ein
Loch auf – wie uns ein Fundbeleg des 7. Jh. v. Chr. aus der
Insel Kreta bezeugt – dann deutet
dies darauf hin, dass es sich bei dem Besitzer um einen
Wandertöpfer handelte. Er führte das
unentbehrliche Werkzeug seiner Kunst bei jedem Anlass mit.
Die Gefäße werden, besonders die
größeren, nach Teilen (oben und unten) auf der
Scheibe heruntergedreht und zusammengesetzt. Nach dem Drehen
lässt man sie für einen
Zeitraum austrocknen, bis sie steif (lederhart) werden, damit der
Töpfer auf die Feinarbeit,
das sogenannte „Abdrehen“, eingehen kann: Auf der
langsam drehenden Scheibe wird das
lederharte Gefäß am Fuß und an der
Mündung mit scharfen Profilen versehen. Dies sind
Prozesse, die ein hohes handwerkliches Können erfordern. So
strebte der Töpfer beim
Abdrehen Präzision und Vielfalt an. Daran ist der Ehrgeiz
eines Töpfers abzulesen. Diesem
Arbeitsgang folgte das Ansetzen von Henkeln, Knäufen oder
Reliefappliken. Gesonderte
Formungen von engen Gefäßhälsen und
bestimmte Formen des Gefäßfußes mussten
auch
extra angesetzt werden. Das Zusammensetzen verschiedener
Gefäßteile erfolgt durch feuchten
Tonschlick. Der Vorgang an der Töpferscheibe
schließt mit dem Glätten des
Gefäßes durch
einen feuchten Lederlappen ab. In diesem lederharten Zustand durfte man
nun mit der
Bemalung beginnen.