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Das Verzieren der Gefäße ist eine
zeitaufwändige Tätigkeit. Wenn die Arbeit an der
Töpferscheibe mit dem Glätten des
Gefäßes durch einen feuchten Lederlappen beendet
ist, kann der Töpfer mit der Bemalung beginnen. Einerseits ist
bei dieser Arbeitsphase für
den Gegenstand der Kunst, das Tongefäß, der
lederharte Zustand der Gefäßoberfläche,
worauf
die Verzierung angesetzt wird, besonders wichtig.
Andererseits ist auch
der Akteur selber,
hier der Maler, in den Prozess mit einzubeziehen: Die Kunst der
Gefäßbemalung bedarf eines
scharfen Auges und einer ruhigen Hand. Beides sind eher Eigenschaften
junger Künstler, die
gewiss schnell zur Vollendung ihres Handwerks kommen mussten, wenn man
bedenkt, dass
ihnen, wenn auch nicht an jedem Tag, oft Serien von
Gefäßen zum Malen bevorstanden. Dies
bietet Gelegenheit für eine große Praxiserfahrung.
War aber das Arbeitsfeld des Malens eine rein künstlerische
Aufgabe? Wenn uns heute
in dem Wort Malen spontan etwas Künstlerisches
einfällt, dürfen wir solche Gedanken auf
das Arbeitsfeld des antiken Malers nicht übertragen bzw. damit
assoziieren: Zum größten Teil
war seine Arbeit handwerklicher Art. Tägliche Werkzeuge waren
nicht nur der Pinsel,
sondern auch die Schablonen zum Ziehen senkrechter Linien, der Zirkel
sowohl in der
geometrischen Zeit für das Zeichnen von Kreisen und
Halbkreisen, als auch in den
nachfolgenden Zeiten für jede Art kreisförmiger
Gegenstände. Zum handwerklichen Teil gehörte noch vor
der Bemalung des Gefäßes
die Grundierung. Sie wurde auf die Bemalung
edler Keramikwaren eingesetzt, um ihnen besonderen Glanz zu verleihen
und den Kontrast
von Malgrund und Verzierungsornamenten zu verstärken. So
griffen die Künstler Kleinasiens
in der früharchaischen Zeit auf eine weiße
Grundierung, um den dunklen Ton zu erleuchten.
Die Athener verwendeten dagegen eine hauchdünne
Schlickerschicht, die den rötlichen Ton
nach dem Brand noch glänzend macht.
Selbst korinthische
keramische Werkstätten in Zeiten
großer Konkurrenz mit den attischen Werkstätten
legen auf den hellen, gelblichen
korinthischen Ton eine rötliche Grundierung, um den attischen
rötlichen Ton zu imitieren.
Die farbliche Wirkung der Gefäße wird durch die
Anwendung brennfester Erdfarben
erzielt. Die schwarze Farbe (Glanzton) war ein feiner, eisenhaltiger
Tonschlicker. Aufgrund
seiner eisenhaltigen Konsistenz verwandelte ihn der Brand zu schwarzer
bzw. roter Färbung.
(siehe Kurs Nr. 3: ZUR HERSTELLUNG GRIECHISHER TONGEFÄSSE.
TEIL B).
Die Figuren wurden zusätzlich durch noch zwei sogenannten
Deckfarben (Rot und Weiß)
farblich zugespitzt. Diese sind ebenfalls brennfeste Erdfarben, deren
Farbspektrum von Weiß,
Gelbweiß, Braungelb bis zu Rot- und Violetttönen
reicht.
Leider sind heute diese „Farben“
auf den Vasen nicht vollkommen erhalten geblieben.
Die heutzutage in der Fachliteratur sehr gut dokumentierte stilistische
Entwicklung
bemalter Keramik geht auf die große Anzahl erhalten
gebliebener Beispiele zurück, die
wiederum zum größten Teil mit der Vermehrung der
Grabungskampagnen zusammenhängt.
So können wir freilich nachvollziehen, was für ein
hilfreiches „Werkzeug“ für
Archäologinnen und Archäologen sich selbst nur
vereinzelt aufgetauchte Vasenscherben bei Datierungsschwierigkeiten von
Grabungsschichten (Stratigraphie)
erweisen können.
Nach
ihnen sind wir im Stande auch Problemfalle genau zu datieren. Bevor ich
weiter auf die stilistische Entwicklung bemalter Keramik
eingehe, möchte ich
bemerken, dass wir innerhalb zweier Jahrhunderte (Ende des 8.
– Ende des 6. Jh. v. Chr.) in
der Wiedergabe der bildlichen Figuren verschiedene keramische
Maltechniken beobachten
dürfen. Dies besagt, dass der Keramikmaler gerne mit dem
Zeichnen experimentierte und
durch das tägliche Treiben seines Handwerks nach neuen Wegen
suchte. Dabei spielte, wie
schon gesagt, der konkurrierende Charakter der Gewerbe eine
große Rolle, da der
Keramikmaler so zum Entwickeln seines persönlichen Stiles und
zur Öffnung neuer
Horizonte angespornt wurde.
In der frühen Ornamentik spielten Kreise, Halbkreise,
Mäander und andere geometrische
Formen eine wichtige Rolle. Sie stellen unentbehrliche Symbole des
Verzierungsstils dieser
Zeit dar (Abb. 1), wie selbst die Benennung der Zeitepoche,
„geometrisch“ (900-700 v.
Chr.), verrät.
Ornamente und Figuren wurden mit
dunkelbrennendem Glanzton als einfache
Silhouette angegeben, bei denen keine Einzelheiten zu erkennen sind.
Die Malweise wird in
der Literatur als „Silhouettenstil“
angeführt. Erst im späten 8. Jh. v. Chr. wurde eine
gewisse
Auflockerung der Figur eingeführt. Die Rede ist von der
sogenannten „Umrissmalerei“, die
sich in der früharchaischen Zeit zu etablieren begann. Als
Hauptgerät diente ein feiner Pinsel.
Hier wurden die Umrisslinien mit Glanzton und Deckfarben kombiniert:
Der Umriss der
Figuren wurde mit dem Pinsel in Glanztonstrichen gezeichnet und mit
Deckfarben
angefertigt.
Die neue Technik wurde schon 720 v. Chr. in Korinth gut aufgenommen.
Den
korinthischen Töpfern ist es aber im 690 v. Chr. gelungen, aus
dem früheren Silhouettenstil
der geometrischen Zeit, eine neue Malweise, die sogenannte
„schwarzfigurige“, zu
entwickeln. Sie zogen es vor, entsprechend dem Silhouettenstil die
Figur ganz in Glanzton zu
bemalen, mit wenig Deckfarben (Weiß und Rot) zu versehen,
aber gezielt durch Ritzlinien,
das Hauptcharakteristikum dieser Maltechnik, ihre Einzelheiten zu
kreieren. Die
schwarzfigurige Malweise erlaubt dem Keramikmaler einen hohen Grad von
Detaillierung zu
erreichen. Zu diesem Effekt kommen auch die Deckfarben zum Einsatz.
Für die
Letztgenannten etablierten sich mit der Zeit unter den Malern gewisse
Kürzel: Weiße Farbe
wird hauptsächlich für die weibliche Haut (Abb. 2),
wie auch für Geräte verwendet. Rot
kommt am meisten für Gewänder, Stoffe und
Rüstungen vor. Die brennbaren Deckfarben
wurden auf der Glanztonschicht aufgetragen, nachdem sie ausgetrocknet
hatte. Für eine
geritzte, detaillierte Zeichnung der Gefäße war es
äußerst wichtig, dass der Ton ausreichend
getrocknet war. Somit konnte der Maler mit seinem spitzen Metallgriffel
tiefe Ritzlinien auf
dem Gefäß ausführen, die nach dem Brand im
Ofen deutlich erkennbar waren.
An dieser Stelle möchte ich auf einen weiteren typisch
korinthischen Malstil, nämlich den
polychromen Stil (7. Jh. v. Chr.) aufmerksam machen. Dieser Stil
lässt sich gut vom
schwarzfigurigen Stil abheben. Die reiche Anwendung von Erddeckfarben,
nicht nur weißen
und roten wie im schwarzfigurigen Stil, sondern auch
bräunlichen und gelblichen, schaffen
Zwischentöne, die besonders künstlerisch bzw.
malerisch auf dem hellen korinthischen Ton
wirken. Diese Maltechnik schmückt besonders kostbare Waren,
wie das typische
Kennzeichnen der korinthischen Werkstatt, den Aryballos
(Ölgefäß).
Während schon im 7. Jh. v. Chr. attische Werkstätten
der korinthischen Erfindung,
nämlich der schwarzgrundigen Maltechnik, folgen und zur
Vollendung bringen, wird der
schwarzfigurige Stil von den anderen Gebieten Griechenlands (Lakonien,
Böotien,
Ostgriechenland) erst im 6. Jh. v. Chr. aufgenommen. Zu dieser Zeit hat
die schwarzfigurige
Maltechnik, wie es wohl von den Bildern zu entnehmen ist, schon
längst ihren Zenit erreicht,
alle zeichnerischen Möglichkeiten waren ausgenutzt und man war
auf dem Weg zu neuen
Techniken.
Schon im 6. Jh. v. Chr. experimentierten attische
Werkstätten mit neuen
Methoden, in dem sie Gefäßteile, die normalerweise
nicht verziert wurden, schwarz
überzogen. So erreichten sie eine Umkehrung der
schwarzfigurigen Malweise, nämlich die
sogenannte „rotfigurige“ Maltechnik (Abb. 3): Der
Maler stellt tongrundige, helle Figuren
im schwarzen Hintergrund. Die terrakottafarbenen, dem Betrachter hell
wirkenden Figuren,
gewinnen eine plastische Abbildung, sodass sie eine sehr reale
Darstellung erhalten.
Die frühesten Beispiele gehören im 530 v. Chr. der
Werkstatt des Töpfers Andokides.
Zunächst bleibt die geritzte Zeichnung der Konturen
geläufig, wirkt aber auf die tongrundigen
Figuren eher ungeschickt und wird mit der Zeit aufgegeben. Dasselbe
gilt für die Deckfarben.
Stattdessen verwendet der Maler einen verdünnten,
bräunlichen Glanzton, der zu den hellen
Figuren passt und mit ihnen farblich harmoniert. Deckfarben werden
jetzt nur auf die
kleinsten Details, wie die Kränze, den Schmuck, die
Spendegüsse, die Flammen des Altars,
und die gemalten Inschriften (Dipinti) aufgetragen und sind heute auf
den Vasendarstellungen
eher im besonderen Licht zu erkennen. Ein dickflüssiger
Tonschlicker dient zur Präzisierung
von feinen Details, wie Haarlocken, bestimmten Schmuckteilen und
Metall, kommt aber nur
in den besten Werkstätten in Frage. Vorzeichnungen wurden mit
einem Pigment abgefertigt, das später
beim Brand des Gefäßes verschwand. Der
Maler konnte seine Figur
vom Bildgrund umreißen. Solche Kenntnisse verdanken wir dem
sehr glücklichen
Zufall unvollständiger Probescherben.
Bevor wir zum Schluss kommen, lenken wir unsere Aufmerksamkeit auf noch
eine
andere Gattung der keramischen Malerei, nämlich auf die
weißgrundigen attischen Lekythen
(Abb. 4). Diese Gefäße kennzeichnet im Vergleich zu
den polychromen protokorinthischen
Gefäßen eine noch reiche Polychromie, die aber mit
nicht brennbaren Erdfarben erfolgt und
auf einem hellen Kaolingrund erscheint. Die Farben werden erst nach dem
Brand des Gefäßes
aufgetragen. Deshalb sind sie sehr empfindlich und nicht für
den häufigen, täglichen
Gebrauch bestimmt. Die ersten Beispiele reichen in dem späten
8. Jh. v. Chr. zurück. Sie
wurden speziell für den sepurkalen Bedarf (bei Grabritualen im
Totenkult) angefertigt. Das
Auftreten ihrer farbigsten Beispiele in der spätklassischen
Zeit fällt mit der Zeit der großen
Malerei Griechenlands zusammen. Dass der Lekythenmaler
konsequent den
Pinsel, und zwar erstmal für die Schattenmalerei, verwendet,
bezeugt, dass sich die zwei
Gattungen zu dieser Zeit nahe gekommen sind. Der Keramikmaler jener
Zeit, inspiriert von
den Werken der großen Maler, suchte nach neuen Wegen.