Archäologie | Literatur | Psychologie |
Astronomie | Naturwissenschaft | Sprachen |
Geschichte | Pädagogik | Theologie |
Kunst | Philosophie |
Maria Montessori war ist nur Pädagogin, sondern auch die erste Frau, die in Italien Medizin studierte und zur Ärztin promoviert wurde. Zu ihrer Zeit sorgte dies in der Öffentlichkeit für ein enormes Aufsehen. Peter Petersen hingegen ist Zeit seines Lebens Lehrer, Rektor und Schulreformer. Die Unterschiedlichkeit dieser Charaktere spiegelt sich auch in ihren pädagogischen Abhandlungen wider. Während Montessori oft ins Schwärmen gerät und in ihrem berühmten Buch "Kinder sind anders" jedes Neugeborene gleich als Wiederkehr des Messias bezeichnet, verfasst Petersen eher trockene Erfahrungsberichte. Doch nicht nur in ihrer Persönlichkeit, auch in ihren pädagogischen Zielen unterscheiden sich die beiden in wesentlichen Punkten.
Nicht das einzelne Kind, sondern die Gemeinschaft bildet den Fixpunkt der Jenaplan-Pädagogik. In dieser Gemeinschaft soll der Einzelne Verantwortung übernehmen und somit zum Gelingen des Ganzen beitragen. Der Mensch verwirklicht sich bei Petersen in erster Linie über die Gruppe. Bei Montessori ist das Kind von individueller Natur. Sie geht davon aus, dass in jedem Kind ein "geheimer Bauplan" angelegt ist, und der Lehrer lediglich als Förderer dieses Bauplans fungieren habe. Grundlage dieser Theorie sind Montessoris Studien zur Entwicklung von Raupen. Montessori hatte vor ihrem Medizinstudium auch Mathematik und Biologie abgeschlossen, und zog nun Parallelen zwischen den Entwicklungsphasen von Mensch und Tier. Konsequenterweise machte sie sich daran, auch den Lebensraum des Schulkindes zu inspizieren. Ihr Urteil über das Klassenzimmer war schnell gefällt: Nicht artgerecht!
Das
Klassenzimmer ist bei Montessori, so man ihrer reinen
Lehre folgen mag, ein ideales Kinderbiotop. Eine besonders
wichtige
Rolle nimmt hierbei auch das richtige, die Kinder in ihrem Arbeitsdrang
lenkende Material
ein. Alles ist ideal auf die Kinder und ihre Bedürfnisse
ausgerichtet, der Raum und seine Ausstattung
stellen wichtige
pädagogische Helfer dar, die Lehrerin tritt daher in den
Hintergrund.
Auch bei Petersen nimmt das Klassenzimmer eine besondere Rolle ein. Als
"Schulwohnstube" ist es gemütlich eingerichtet und
enthält
viele Dinge, die von den Schülern selbst gefertigt
wurden. Die Kinder nehmen hierbei aber eine im Vergelich zu Montessori
kreativere Rolle ein. Sie sollen Entscheidungen treffen und
Verantwortung
übernehmen, ihre Umwelt selbst mitgestalten. Dies
beginnt bei kleinen, schülergerechten Angelegenheiten wie dem
Sauberhalten der Schulwohnstube und dem Aufräumen der
Lernmaterialien. Das Fazit: Bei Petersen prägen die Kinder das
Klassenzimmer, bei Montessori prägt das Klassenzimmer die
Kinder.
Die Schule ist für Petersen
viel mehr als ein
Ort des
Unterrichtens. In seiner Lebensgemeinschaftsschule geht es um die
Grundformen des Lebens: Gespräch, Arbeit, Spiel und Feier.
Diese
Formen sollen in
Selbstorganisation unter Beteiligung der Eltern verwirklicht
werden. Der Lebensraum Schule wird in der Konzeption Petersens kreativ
und von vielen Kräften gemeinsam
gestaltet, Schülerinnnen und Schüler
werden mit
einbezogen.
Bei Montessori funktioniert auch dieser Prozess in der
umgekehrten
Richtung: Der Gestaltungsspielraum wird von den Lehrern festgelegt,
denn nach Montessori wäre es nicht
förderlich, das Kind über zu viele
Angelegenheiten
selbst entscheiden zu lassen - es braucht die
fürsorgliche Hand der Erwachsenen und die richtige Umgebung.