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"Nimm auch das folgende Wort
bisweilen dir ernstlich zu Herzen:
Auch der vortreffliche Aeneus hat einst
sein Auge geschlossen,
Der doch in vielem ein besserer Mann als du Arger gewesen;
Nach ihm sind noch viele der Fürsten und Herrscher
gestorben,
Welche vor Zeiten die Reiche gewaltiger Völker
regierten.
Selbst der Perser, der über
die See einst bahnte die
Straße,
Der Legionen geführt durch die wogenden Fluten des
Meeres,
Der sein Fußvolk lehrte das salzige Naß zu
beschreiten
Und es mit Rossen durchstampfte den brausenden Wogen zum
Trotze,
Auch er schied aus dem Lichte und hauchte den Odem im Tod aus.
Endlich wie
ging's Demokrit? Als ihn die Gebrechen des Alters
Mahnten, daß matter nun werde des regen
Gedächtnisses Pulsschlag,
Trug er von selbst sein Haupt freiwillig dem Tode entgegen.
Selbst Epikuros verschied, als des Lebens Fackel sich senkte,
Er, der mit seinem Genie das Menschengeschlecht
überstrahlte
Wie die erwachende Sonne am Himmel das Sternengeflimmer.
Und du wolltest noch murren und heimzugehn dich bedenken?
Du, der lebendigen Leibes und sehenden Auges schon tot ist,
Der im Schlafe verbringt die größere
Hälfte des Lebens,
Der selbst wachend noch schnarcht und Träume zu
spinnen nicht aufhört,
Der sich beständig den Geist mit den nichtigsten
Ängsten erreget,
Der auch häufig nicht weiß, was ihm fehlt,
der in trunkenem Taumel
Elend sich überallher von tausend Sorgen
bedrückt fühlt
Und unsicheren Schrittes im Irrsinn schweifend
umherschwankt?"
Zitat aus "De rerum natura" von Lukrez
Der Tod ereilt alle gleich:
Große Helden wie Aeneus und Scipio ebenso wie den
gewöhlichen Leser, an den sich der Autor wendet. Selbst
Demokrit, der unfreiwillige Mentor der epikureischen Schule (er lebte
anderthalb Jahrhunderte vor Epikur) und der Begründer der
Schule des Gartens müssen eines Tages die Welt
verlassen. Sich um etwas zu sorgen, was alle gleich betrifft, ist weder
notwendig noch vernünftig. Der Tod gehört in der
epikureischen Schule zu den gleichgültigen Dingen. Er betrifft
den Menschen nicht.
Ihr Blick auf die Götter ist sehr eigensinnig. Von der Kirche des Mittelalters werden Epikur und seine Anhänger verfemt, denn man bezichtigte sie der Gottlosigkeit. Doch der Atheismus - Vorwurf trifft ins Leere. Die epikureische Schule streitet die Existenz der Götter nicht ab. Sie geht allerdings im Gegensatz zum Christentum davon aus, dass eine göttliche Fürsorge für die Welt schlichtweg nicht stattfindet. Die Götter sind aus epikureischer Sicht weder gut noch strafend, denn sie haben die Menschheit sich selbst überlassen. Für den Menschen heißt dies, dass er sich um das Jenseits keine Gedanken zu machen braucht - niemand wird nach seinem Tod über ihn richten. Für die christliche Lehre ist dies ein unerträglicher Gedanke. Dante wählt für Epikur in seiner um 1307 begonnenen göttlichen Komödie daher auch konsequenterweise einen nicht eben gemütlichen Ort aus - er lässt ihn in der Hölle schmoren.