Archäologie | Literatur | Psychologie |
Astronomie | Naturwissenschaft | Sprachen |
Geschichte | Pädagogik | Theologie |
Kunst | Philosophie |
Ich weiß nicht was soll es bedeuten,
Daß ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.
Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.
Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar;
Ihr goldnes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.
Sie kämmt es mit goldenem Kamme
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.
Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe,
Er schaut nur hinauf in die Höh.
Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn;
Und das hat mit ihrem Singen
Die Lore-Ley getan.
Die Loreley, Heines heute in
Deutschland wohl bekanntestes Werk, erscheint 1824 in der Sammlung Dreiunddreißig
Gedichte. Ob das Lied der schönen Jungfrau
nun die Aufarbeitung der enttäuschten Liebe
zu seiner Cousine Amalie widerspiegelt, oder einen Versuch
der ironischen
Überwindung der zuckersüßen Romantik
darstellt, bleibt eine Frage der akademischen Diskussion. Nicht zuletzt
durch die Vertonung von Friedrich Silcher, Komponist und Musikdirektor
an der Universität Tübingen, wird das Lied
zum romantischen Volkslied und es hat diesen Status bis heute
erhalten.
Das
Fräulein stand am Meere
und seufzte lang und bang,
es rührte sie so sehre
der Sonnenuntergang.
"Mein
Fräulein! sei'n sie munter,
das
ist ein altes Stück;
Hier vorne geht sie unter
und kehrt von hinten zurück."
Mit dieser so gar nicht romantischen Wendung innerhalb des Gedichtes zeigt Heine, dass er zwar die romantischen Stilmittel beherrscht, ihre Weltverklärung aber nicht teilen mag. Auch weit nach Heines Tod gibt es immer wieder Versuche, die Loreley neu zu interpretieren. Erich Kästner knüpft in seinem Gedicht Der Handstand auf der Lorelei wieder an die Ironisierung der Romantik an. Kästner hat von der Wirkungsgeschichte des Werkes gelernt, und um jeglichen Missinterpretationen vorzubeugen, bedient er sich einer sehr drastischen Sprache. In seiner Lorelei geht es um einen Turner, der sich auf dem Felsen an einem Handstand versucht und dabei aus dem Gleichgewicht gerät: "Er stand, verkehrt, im Abendsonnenscheine. / Da trübte Wehmut seinen Turnerblick: / er dachte an die Loreley - von Heine / und stürzte ab und brach sich das Genick."
1830 bricht in Paris die Julirevolution
aus, die
Bourbonen werden endgültig gestürzt und es beginnt
die Herrschaft des liberalen Bürgerkönigs
Ludwig
Phillip. Heine erfährt davon bei einem Sommerurlaub auf
Helgoland.
Schließlich entscheidet er sich dazu, Deutschland den
Rücken
zu kehren. Ein Motiv war sicherlich auch sein gescheiterter Versuch,
eine Professur in München zu erhalten. Von Frankreich aus
versucht
er den liberalen Geist in Deutschland zu beflügeln.
Seine
Artikelserie Französische
Zustände erscheint in der Augsburger Allgemeinen Zeitung,
wird
aber als Buchausgabe in Preußen verboten. 1836
erhält Heine
in Frankreich eine kleine Pension der französischen Regierung.
Seine Zuneigung zum Bürgerkönig zeigt sich in seinen
Berichten über den Ausbruch der Cholera im Jahre 1832:
"Ich darf nicht unerwähnt lassen, daß er, der
Bürgerkönig, bei dem
allgemeinen Unglücke viel Geld für die armen
Bürger hergegeben und sich
bürgerlich mitfühlend und edel benommen hat. - Da ich
mal im Zuge bin,
will ich auch den Erzbischof von Paris loben, welcher ebenfalls im
Hôtel-Dieu, nachdem der Kronprinz und Périer dort
ihren Besuch
abgestattet, die Kranken zu trösten kam. Er hatte
längst prophezeit,
daß Gott die Cholera als Strafgericht schicken werde, um ein
Volk zu
züchtigen, 'welches den allerchristlichsten König
fortgejagt und das
katholische Religionsprivilegium in der Charte abgeschafft hat'. Jetzt,
wo der Zorn Gottes die Sünder heimsucht, will Herr von Quelen
sein
Gebet zum Himmel schicken und Gnade erflehen, wenigstens für
die
Unschuldigen; denn es sterben auch viele Karlisten. Außerdem
hat Herr
von Quelen, der Erzbischof, sein Schloß Conflans angeboten
zur
Errichtung eines Hospitals.
Die Regierung hat aber dieses Anerbieten
abgelehnt, da dieses Schloß in wüstem,
zerstörtem Zustande ist und die
Reparaturen zuviel kosten würden. Außerdem hatte der
Erzbischof
verlangt, daß man ihm in diesem Hospital freie Hand lassen
müsse. Man
durfte aber die Seelen der armen Kranken, deren Leiber schon an einem
schrecklichen Übel litten, nicht den quälenden
Rettungsversuchen
aussetzen, die der Erzbischof und seine geistlichen Gehülfen
beabsichtigten; man wollte die verstockten Revolutionssünder
lieber
ohne Mahnung an ewige Verdammnis und Höllenqual, ohne Beicht
und Ölung,
an der bloßen Cholera sterben lassen. Obgleich man behauptet,
daß der
Katholizismus eine passende Religion sei für so
unglückliche Zeiten wie
die jetzigen, so wollen doch die Franzosen sich nicht mehr dazu
bequemen, aus Furcht, sie würden diese Krankheitsreligion
alsdann auch
in glücklichen Tagen behalten müssen." Quelle:
Heinrich Heine: Französische Zustände, Artikel VI.
Paris 1832.